Berlin, 25.11.2024 – Zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November hat Lisa Paus, MdB und Bundesfrauenministerin, den „Frauentreffpunkt“ des Sozialdienstes katholischer Frauen e.V. Berlin (SkF Berlin) besucht. Im Mittelpunkt standen die Arbeit des Vereins im Anti-Gewalt-Bereich, insbesondere bei häuslicher Gewalt, die aktuellen Zahlen zu Gewalt gegen Frauen sowie das Gewalthilfegesetz.
2019–2024: Anstieg der Beratungen im Frauentreffpunkt um 50 %
Seit 1985 erhalten Betroffene im Frauentreffpunkt Schutz, psychosoziale Beratung, Unterstützung bei der Wohnungssuche und rechtliche Begleitung. Krisenintervention bildet einen wesentlichen Teil der täglichen Arbeit. Ein zentrales Thema ist für viele Frauen die Frage, wie es mit ihren Kindern und den Umgangskontakten zum Kindsvater weitergeht. Ein Team aus Sozialarbeiterinnen und Psychologen für den Frauen- und Kinderbereich begleitet die Hilfesuchenden bei Terminen im Jugendamt und gegebenenfalls vor Gericht. Ziel der Beratungsstelle ist es, Frauen und ihren Kindern den Weg aus der Gewalt zu ermöglichen und ein neues, selbstbestimmtes Leben aufzubauen.
Im Jahr 2024 wurden bislang rund 660 Frauen durch den Frauentreffpunkt unterstützt, in insgesamt fast 2.000 Beratungen (inklusive psychologischer Beratungen für Mütter sowie Kinder und Jugendliche im Kinder- und Jugendbereich, Stand 19.11.2024). Das sind etwa 110 Beratungen mehr als im Vorjahr. Im Vergleich zu 2019 wird ein deutlicher Anstieg sichtbar: Damals wurden ca. 1.000 Beratungen bei 400 Frauen durchgeführt (von einem dezimierten Team).
Zudem zeigt sich, dass die Beratungsprozesse von gewaltbetroffenen Frauen im Vergleich zu früher länger dauern. Auch die Aufenthalte in Frauenhäusern sowie die Suche nach Wohnraum gestalten sich zunehmend langwieriger – vor allem durch die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt.
BKA-Zahlen belegen: Gewalt gegenüber Frauen und Mädchen nimmt weiter zu
Die Entwicklungen im Frauentreffpunkt bestätigen den alarmierenden Trend, der auch im kürzlich veröffentlichten Lagebild des Bundeskriminalamts (BKA) für 2023 sichtbar wird.
Demnach wurden 360 Frauen in Deutschland Opfer eines Femizids – das bedeutet, fast jeden Tag wird eine Frau getötet. Gewalt gegen Frauen ist allgegenwärtig: Sie äußert sich körperlich, psychisch oder digital. Die Fälle häuslicher Gewalt stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 5,6 % auf rund 181.000 weibliche Opfer. Digitale Gewalt gegen Frauen nahm um 25 % auf etwa 17.200 Fälle zu. Bei Sexualstraftaten wurden 52.330 weibliche Opfer gezählt, ein Anstieg um 6,2 % gegenüber 2022.
Besonders alarmierend ist, dass immer mehr junge Frauen und Mädchen von Gewalt betroffen sind. Vor diesem Hintergrund startet der Frauentreffpunkt am 28. November 2024 die Gruppe „Teen Dating Violence“ für Mädchen und junge Frauen. Zwei Sozialarbeiterinnen betreuen die Gruppe mit Betroffenen, die erste Gewalterfahrungen in Beziehungen gemacht haben.
Stopp Gewalt gegen Frauen – Gewalthilfegesetz jetzt!
Lisa Paus, MdB und Bundesfrauenministerin, betont bei ihrem Besuch: „Es braucht jetzt das Gewalthilfegesetz, um den notwendigen Hilfestrukturen Rückenwind zu geben, die erschütternd hohe Gewalt gegen Frauen in unserer Gesellschaft einzudämmen und konkret Leben zu retten. Ich werbe über alle Parteigrenzen um Zustimmung für Gewaltschutz, denn klar ist: Parteipolitische Taktiererei gehört nicht auf dem Rücken gewaltbetroffener Frauen ausgetragen.“
Das geplante Gewalthilfegesetz soll einen individuellen Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe für Gewaltopfer schaffen. Zudem sieht es einen „bedarfsgerechten Ausbau des Hilfesystems“ vor. Während die Umsetzung in der Zuständigkeit der Bundesländer liegt, hat der Bund angekündigt, sich an der Finanzierung zu beteiligen.
Sarah Kesselberg, Bereichsleiterin der Offenen Sozialarbeit des SkF Berlin, ergänzt: „Der Ausbau des Hilfesystems und die Gewährleistung eines kosten- und diskriminierungsfreien Zugangs zu Schutz und Beratung ist ein Eckpfeiler der Istanbul-Konvention, einem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Das deutsche Gewalthilfegesetz wiederum ist ein notwendiger Schritt, dass die Istanbul-Konvention umgesetzt wird. Deshalb muss das Gewalthilfegesetz gelingen – zum Schutz und zur Unterstützung für Betroffene. Dafür setzt sich der SkF Berlin seit Jahren engagiert und vehement ein.“
Über den SkF e.V. Berlin
Der Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Berlin (SkF Berlin) ist ein Frauenverein, der sich der Unterstützung von Kindern, Jugendlichen, Frauen und Familien in Notsituationen sowie in besonderen Lebenslagen widmet. Der SkF Berlin fördert darüber hinaus die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft. Diese wichtige soziale Arbeit wird von einem engagierten Team aus mehr als 400 ehrenamtlichen und hauptberuflichen Mitarbeiter*innen getragen, die christliche Werte im Zusammenleben der Menschen in Berlin festigen möchten. Dadurch ist der SkF Berlin ein unverzichtbarer Bestandteil der kirchlichen Sozialarbeit.
In der Trägerschaft des SkF Berlin befinden sich u.a. Projekte und Einrichtungen wie Evas Obdach, Evas Haltestelle, das Duschmobil für Frauen oder die Delphin Werkstätten.
Die Geschichte des SkF Berlin reicht über hundert Jahre zurück. 1901 begannen die Josephschwestern in Berlin mit ihrer sozialen Arbeit und gründeten den Fürsorgeverein für Frauen, Mädchen und Kinder. 1924 schloss sich der Berliner Verein dem Katholischen Fürsorgeverein für Mädchen, Frauen und Kinder an, der von der Reichstagsabgeordneten Agnes Neuhaus gegründet wurde und deutschlandweit aktiv war. Neuhaus, eine der ersten Frauen im Reichstag, engagierte sich maßgeblich für die Entwicklung der Sozialgesetzgebung in der Weimarer Republik, insbesondere für das Jugendwohlfahrtsgesetz. Ihre Arbeit legte den Grundstein für den modernen Sozialdienst katholischer Frauen e.V., der weiterhin nach dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ agiert und sich für die Integration und Inklusion der von ihm begleiteten Menschen einsetzt.
Der SkF Berlin versteht sich als selbstständiger, kritisch-konstruktiver und unverzichtbarer Frauenfachverband innerhalb des Caritasverbandes der Erzdiözese Berlin. Er übernimmt gesellschaftspolitische Verantwortung und gibt denjenigen eine Stimme, die oft ungehört bleiben.
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Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Berlin
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