Warum in Berliner Mietverträgen plötzlich ein Paragraph gegen häusliche Gewalt steht
Schon mal was von der Initiative mit dem § 25/11 im Namen gehört? Im juristischen Kontext eher nicht, denn es handelt es sich um einen Kunst-Paragraphen. Der allerdings nun in echte Mietverträge integriert werden soll, mit dem Ziel, Mieter*innen und Vermieter*innen zum Thema Häusliche Gewalt zu sensibilisieren. Mehr als 60 Bundestagsabgeordnete und Spitzenpolitiker, darunter Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), 13 Wohnungsbaugesellschaften und Prominente wie Tatort-Kommissar Patrick Güldenberg, TV-Moderatorin Alina Merkau oder Fernsehpreisträgerin Nina Gummich sind schon § 25/11-Unterstützer*innen.
Warum Initiative § 25/11? Der Name geht auf den 25.11., den „Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen“ zurück. Dieser Tag war vor drei Jahren Anlass für den Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Berlin (SkF Berlin), gemeinsam mit der Berliner Kreativagentur PEIX Health Group die Initiative § 25/11 zu gründen. Alles begann mit einer Plakatkampagne, die dahin ging, wo häusliche Gewalt stattfindet: in die Wohnhäuser. Mittlerweile hängen die Motive mit einer Hotline-Nummer als Hilfsangebot in mehreren Tausend Berliner Hausfluren.
Die Statistik zeigt die Wichtigkeit: Für jede dritte Frau in Deutschland wird ihr Heim mindestens einmal im Leben Ort von Gewalt durch den Partner. Aktuelle Zahlen, kürzlich von Bundesinnenministerin Nancy Faeser, Bundesfamilienministerin Lisa Paus und dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes, Holger Münch vorgestellt, belegen einen Anstieg von 8,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 2022 gab es demnach 240.547 Opfer. Die Dunkelziffer dürfte weitaus höher liegen.
Kernstück der Initiative ist eine Anlage zum Mietvertrag, eben jener §25/11, den Hauseigentümer*innen und Hausverwaltungen in jeden rechtsverbindlichen Mietvertrag aufnehmen können. Die Botschaft: Wir sind ein Haus gegen Gewalt! Neumieter*innen sollen schon vor Einzug in eine Hausgemeinschaft für das Thema häusliche Gewalt sensibilisiert und Betroffene über die Möglichkeiten der Hilfeleistung durch den SkF aufgeklärt werden.
Neben Plakaten in Hausfluren, Postkarten oder gebrandeten Ziegelsteinen für Hausfassaden, die auf ein Haus ohne Gewalt hinweisen, wird ein weiterer Ansatz für mehr Achtsamkeit gegen häusliche Gewalt verfolgt: Hauswart*innen, die täglich in den Mietobjekten anwesend sind, werden sensibilisiert und geschult, um Anzeichen von häuslicher Gewalt zu erkennen und aktiv Hilfeanbieten zu können.
Die Initiative ist auf andere Städte ausgeweitet worden. Der SkF Berlin war mit dem § 25/11 im gesamten Bundesgebiet aktiv. So gibt es nun schon in den Städten Aachen, Amberg, Fulda, Frankfurt a.M. und Karlsruhe Unterstützung.
Im Berliner Raum freut sich der SkF über die kürzlich geschlossene Kooperation mit Birgit Danschke, Vorstand der WGBG (Wirtschafts-Genossenschaft Berliner Grundbesitzer eG). Als Botschafterin für § 25/11 sieht sie sich als Vermieterin in der Pflicht, Verantwortung beim Thema häusliche Gewalt zu übernehmen.
Wir gehen dorthin, wo häusliche Gewalt stattfindet: in die Wohnhäuser!
Wir holen das Thema aus der Tabu-Zone und bieten Betroffenen sowie dem Umfeld Hilfe an!
Unterstützen Sie uns mit Ihrer Spende!
Weitere Informationen zur Initiative gibt es hier: www.paragraph2511.de
Die Kampagne § 25/11 wurde mehrfach in 2023 bei Internationalen Kreativ- und Kommunikations-AWARDS ausgezeichnet; z.B. Silber bei Clio Health in New York, Silber bei den London International Awards und beim Deutschen ADC (Art Directors Club) mit Bronze sowie eine zusätzliche Auszeichnung.
Zum Kampagnen-Video geht es hier: